Ein Gastkommentar von Ralf Riba, dem General Manager der Agentur riba:businesstalk in Urbar bei Koblenz, zum Thema “Chancen und Risiken sozialer Web 2.0-Plattformen für Webshopbetreiber”.
Jenseits polarisierender Positionen
Nicht oft gibt es eine derartige Kluft zwischen Zweiflern und Befürwortern wie bei Social-Media, Web 2.0 und der kommunikativen Nutzung dieser Ansätze im eCommerce. Ist die Haltung ablehnend, fehlt meist der Glaube an die Effektivität dieser Medien oder das technische und visionäre Verständnis dafür. Auf der anderen Seite sind die Befürworter oft geradezu vernarrt in die neuen Ansätze.
Betrachtet man die Kommunikation auf den entsprechenden Plattformen, kann man die Bedenkenträger durchaus verstehen. Raue Umgangsformen und hitzige Diskussionen sorgen dort oft für Zündstoff. Aber dennoch: Social Web 2.0 bietet einen wesentlichen Vorteil, der bei Marketiers seit Ewigkeiten als wohl größte Herausforderung gilt: selektive Information und Kommunikation.
Die Befürworter
Das Betreiben von Social Web 2.0 Accounts auf seriöse Weise garantiert, dass gestreute Information nur die Menschen erreicht, die sie erreichen soll und die sich gleichzeitig auch wirklich für das Thema interessieren. Genau aus diesem Grund sind diese Adressaten schließlich zu Followers oder Freunden geworden. Kein anderes Medium kann diese Zielgenauigkeit in dem Maße bieten. Die Streuverluste bei Printmedien, aber auch anderen digitalen Ansätzen sind dagegen enorm.
Und kein anderes Kommunikationsmodell kann die Ausdehnung in die Breite in dieser Form bieten. Diese nämlich basiert nicht auf geclusterten Daten von Gehaltsstrukturen oder elektronischen Spuren des Kaufverhaltens, sondern bedient sich vielmehr persönlicher Kontakte und Dialoge und hat somit starke Bestandteile des viralen Marketings.
Für eCommerce-Anbieter entsteht hieraus doppelter Nutzen. Sie profitieren von der selektiven Art der Verbreitung ihrer Informationen und von der Internet-Affinität ihrer Kunden. Dies gilt insbesondere für Shopbetreiber, die ihr Geschäft unmittelbar mit Endkunden, also dem Konsumenten, betreiben. Denn in diesem Fall ist die Zahl der Kunden, die sich im Internet bewegen und informieren und dort dann auch ihre Käufe tätigen, relativ hoch.
Die Bedenkenträger
Die größten Bedenken bezüglich des Nutzens von Social Web 2.0-Ansätzen finden sich bei Vertretern von Business to Business (B2B) eCommerce-Plattformen. Hier muss man aber deutlich abgrenzen, was eCommerce in diesem Geschäftsumfeld wirklich bedeutet. Bei reinen Partnerportalen (Beispiel Bestellabwicklung) wird Social Web 2.0 keine Vorteile bieten. Sobald ein Produkt oder eine Leistung über das Web aber in Breite zu vermarkten ist, greifen die Mechanismen des Social Web 2.0. Dabei ist nicht entscheidend, ob es sich um Privat- oder Geschäftskunden handelt.
Die Chancen
Der Aufbau einer Gemeinschaft von Interessenten im B2B-Umfeld ist deutlich mühsamer als im Endkundengeschäft (B2C). So finden sich bei einem amerikanischen Hersteller von Sportartikeln über drei Millionen Interessenten – Zahlen, die sich im industriellen Umfeld natürlich nicht realisieren lassen. Meist sind hier aber die Kontakte von höherer Qualität.
Immer zu beachten: Es obliegt dem konkreten eCommerce-Betreiber, eine Gemeinde im Internet zu adressieren. Und Social Web 2.0 ist dabei nur ein Weg unter vielen. Konkrete Aktivitäten im Social Web 2.0 können Einträge in bestehende Portale, Netzwerke, Bewertungsplattformen oder aber die eigene Erstellung von Blogs oder Foren sein.
Ein paar Grundregeln
Welchen Weg man auch wählt, immer gelten dabei die folgenden Grundregeln: Zunächst geht es um die exakte Definition der anvisierten Ziele. Dabei kann es sich um die Unterstützung einzelner Kampagnen, von Produktgruppen oder Marken handeln. Auch hier ist zu differenzieren. Möchte der Betreiber seine Produkte über Kompetenz mit einem darauf abgestimmten Angebot vermarkten? Oder geht es nur um den Preis und die Verfügbarkeit von vergleichbaren Produkten?
Von besonderer Bedeutung sind die unterschiedlichen Werkzeuge des Social Web 2.0. Neben Blogs, Wikis, Bookmarks und Podcast gehören hierzu auch Video- und Fotoportale, die allesamt unterschiedliche Vorgehensweisen erfordern. Die richtige Wahl der Möglichkeiten und deren Verknüpfungen ist der maßgebliche Faktor des Erfolgs.
Grundsätzlich gilt immer, dass Social Web 2.0 Aktivitäten zeitintensiv sind und nur dann Erfolg bringen, wenn kontinuierlich an ihnen gearbeitet wird. Insofern sollten Betreiber mit bedachten Schritten und realistischer Einschätzung des Aufwands zu Werke gehen. Brachliegende Firmenauftritte führen unweigerlich zu einer eher negativen Reputation und der gewünschte Effekt verpufft.
Fazit
Es ist geboten, eine realistische und auf unterschiedliche Segmente des eCommerce angepasste Erwartungshaltung bezüglich des Social Web 2.0 zu entwickeln. Befürwortern, die propagieren, dass Social Web 2.0 konventionelle Informations- und Kommunikationsmechanismen bereits abgelöst habe, sollte man mit gesunder Skepsis begegnen. Realistische Ansätze sollte man aber verfolgen. Um sukzessive eine Gemeinschaft von Interessenten aufzubauen, sollte daher jeder Webshopbetreiber ein erstes Social Web 2.0 Modell entwerfen, um auch auf dieser Ebene Präsenz zu zeigen und für die Zukunft gewappnet zu sein.