Reisebericht: Die dmexco 2011 zwischen Invasion und Diskussion

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Dass die dmexco dieses Jahr um einiges gegenüber dem Vorjahr gewachsen war, merkte ich bereits beim Schlangestehen an der Presseakkreditierung: Schon die Vorhalle war zwischen neun und zehn Uhr morgens gedrängt voll. Das bedeutete noch mehr Schlangestehen. Beim erleichterten Betreten der Halle 8 – endlich geschafft! – wurde mir schnell klar, dass sich meine Aufgabe zusammen mit der Messe vergrößert hatte: Nicht mehr nur eine, sondern zwei riesige Messehallen warteten darauf, flinken Fußes durchmessen zu werden.

Allerdings wurde der Fuß mit jedem zurückgelegten Meter und mit fortschreitender Zeit weniger flink: Schon bald drängten sich die Massen durch die Gänge zwischen den Ständen von Google & Co. Dabei versuchten diverse Fernsehteams mit ihren Kamerakränen den hurtigen Wanderer aufzuhalten.

Public Viewing

Zwischen den beiden Hallen erstreckten sich mehrere Areale: Neben dem Niemandsland der verqualmten Raucherzone erhob sich die mehrstöckige Kongresshalle. Hier hielten Vertreter von Google und Facebook heißbegehrte Vorträge. Zum Glück waren Flatscreens aufgestellt – beim Public Viewing kam das Feeling wie beim Pokalfinale auf. Auf den oberen Etagen der Kongresshalle fläzten sich zahlreiche junge Pilger in Sesseln und Sitzsäcken, auf dass sie den kostenlosen WLAN-Zugang bis zum Anschlag auskosten konnten. Ich bin fast sicher, dass sie nicht nur MP3-Dateien herunterluden.

Invasion

Der Stand von Trusted Shops



Bei meinen One-on-one-Gesprächen mit internationalen Firmenvertretern wurde mir schnell klar, dass zahlreiche Firmen aus USA und UK hierzulande ein Büro für Marketing und Sales eröffnen. Dazu gehören Kenshoo, Responsys, Marin Software und weitere. Andere wie Epsilon oder Experian sind in Deutschland bereits sehr gut aufgestellt. Der Eindruck einer kleinen, sehr willkommenen Invasion stimmt mit den Meldungen von Veranstalter und BVDW überein, dass inzwischen 19% der Austeller aus dem internationalen Markt kommen. Ich hoffe, Ihnen schon bald mehrere internationale Firmen, die neu auf dem deutschen Markt sind, im Interview vorstellen zu können.

Diskussion

Die dmexco versteht sich aber nicht nur als Plattform für Präsentation und Werbung, sondern auch für den Meinungsaustausch. Dafür wurde die Debate Zone geboten, die denn auch gut gefüllt war. Eine Pressekonferenz behandelte das Thema “Die Zukunft der Werbung.” Ich besuchte eine Roundtable-Diskussion zum Thema “Customer Experience Management“, die offenbar von Adobe Systems initiiert wurde. Jedenfalls nahm mit Gunnar Klauberg ein deutscher CEM-Experte teil, den ich bereits für Internet Retailing interviewt habe.

Weitere Diskussionsteilnehmer waren:

 

  • Prof. Matthuas Gouthier, Lehrstuhl für Dienstleistungsmarketing an der EBS Business School;

  • Joachim Hauck, Head of CRM bei Detecon Consulting;

  • Alexander Gerber, innokomm (Forschungszentrum Wissenschafts- und Innovationskommunikation)

  • Christian Thunig, stellv. Chefredakteur der Zeitschrift “absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing”



 

Der Stand von Intershop



Zuständig bestand offenbar Klärungs- und Definitionsbedarf, was CEM ist und soll. (Ich verweise dazu auf das genannte Interview mit Gunnar Klauberg.) Klaubergs These lautet, dass CEM die Customer Journey zu einem emotionalen Erlebnis führen soll, die in einem “Moment of Truth” kulminiert. Der Verdacht kam auf, dass es sich um eine Unterabteilung von CRM handelt. Doch es wurde durchaus willkommen geheißen, dass CEM zur Vergleichbarkeit von Produkten und Preisen betragen kann, ebenso wie zur Kundenbindung über emotionale Erlebnis in entsprechender Online-Umgebung.

Vielleicht ist es sogar in der Lage, eine Brücke über die rund 30 Kommunikationskanäle eines Unternehmens mit dem Kunden zu schlagen. Dazu müssten jedoch alle Kanäle konsistent sein: gleich gut ausgebaut und mit der gleichen Message versehen. Dazu müsse man jedoch erst einmal alle Mitarbeiter eines Unternehmens motivieren. Andererseits können keine 30 Kanäle ohne Automatisierung gesteuert werden. Hier sei also Orchestrierung vonnöten. Ein Dilemma schien auf: zwischen menschlicher Beteiligung an den Prozessen und der Automatisierung eben dieser Prozesse.

Abschied

Am Abend trugen die müden Füße den dmexco-Pilger gen ICE-Bahnhof, allerdings vorbei an den volkreich belagerten Bushaltestellen, die allzu selten einen Bus zu sehen bekamen. Auf Schusters Rappen unterwegs hatte ich ausreichend Gelegenheit, über das Gesehene und Gehörte nachzudenkend.

Offensichtlich befinden sich die Märkte des Mobile Marketing und des Social Marketing erst noch am Anfang ihrer Entwicklung, aber jedem der Interviewten war klar, dass diese beiden Zweige das größte Wachstum sehen werden – solange die Methodologie stimmt. Hierzu habe ich mich über den Begriff des New School Marketings aufklären lassen (siehe dazu Material und Studien bei Responsys).

Nachdenklich stimmte mich allerdings die Bemerkung eines Vertreters von inMobi namens Rob Jonas (Ex-Google), dass die Deutschen doch einfach zu “überempfindlich” (hypersensitive) in bezug auf ihre privaten Daten seien. Vielleicht ist ihm selbst noch kein Identitätsdiebstahl widerfahren, doch es dürfte einen guten Grund haben, dass die Deutschen keine “gläsernen Bürger” sein wollen. Es gab einmal eine Zeit, als alle Deutschen macht- und wehrlos dem Großen Bruder ausgeliefert wurden, und nicht wenige von ihnen verloren dabei wesentlich mehr als nur ein paar Daten.

Eines ist klar: Solche Leute muss man im Auge behalten. Und schon allein deshalb werde ich auch nächstes September wieder in die Domstadt pilgern.

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