Anfang Juni veranstaltete der Computerriese HP seine alljährliche Kundenkonferenz HP Discover in Las Vegas. Das Spielerparadies lockt seine Besucher nicht nur mit Gambling-Möglichkeiten ohne Ende, sondern auch mit Konferenzsälen, die mühelos die zehntausend Pilger zur HP-Konferenz aufnehmen konnten, so wie im Hotel “The Venetian” geschehen – und eine Ausstellung mit rund tausend Partnern gleich nebenan.
Ringsum von den Wolkenkratzern (obwohl Wolken in Vegas wahrlich Seltenheitswert haben) der Casino-Hotels umgeben, bot mir das “Venetian” Gelegenheit, die virtuelle Welt eines gemalten Venedigs komplett mit Canale, Gondola und singendem Gondoliere zu erkunden.
Türme in den Himmel
Türme und Virtualität – das hätte auch das Motto für die Konferenz sein können, zumindest was die Presse anbelangte. Denn auf der ersten Pressekonferenz ließen es sich die HP-Gewaltigen ein besonderes Vergnügen sein, einen Turm von Blades und Storage-Arrays nach dem anderen feierlich zu enthüllen.
Den Höhepunkt dieser Zeremonie bildete die holografische Darstellung eines energiesparendem Rechenzentrums mit dem modischen Namen EcoPOD 240. POD bedeutet hier Power-optimized Datacenter, lässt sich aber auch als “pod = Schote” deuten. Und olle Schoten wie ein Rechenzentrum für schlappe 8,4 Mio. Dollar boten die HP-Manager nicht wenige.
Nicht alles ist virtuell
Die Virtualität bildete das Hauptthema auf der zweiten Pressekonferenz. HP enthüllte – nein, nicht seine Hybrid-Cloud-Strategie, denn die kannten wir ja schon. Sondern vielmehr seine Erweiterungen dieser Strategie, in die nicht nur alle die schönen neuen Racks, Appliances und Server passen, sondern auch Software und Services.
Das Beste daran verkündete der CEO von HP Financial Services himself: HP schüttet sein keineswegs virtuelles Füllhorn aus und verteilt nicht weniger als zwei Milliarden Dollar an seine Kunden und Partner, auf dass diese hingehen und ihre Cloud-Initiativen nicht mit dem bösen Feind verwirklichen, der da Oracle und Cisco heißt.
C-Level-Freunde
Mit Microsoft, Intel und SAP ist HP hingegen ein Herz und eine Seele, wie während der zweieinhalbstündigen Keynote klar wurde. Hier gab sich das C-Level der amerikanischen – und deutschen! – IT-Industrie die Klinke in die Hand. Die Cloud-Nutzer auch in Deutschland, darunter nicht wenige Shopbetreiber, wird es freuen zu hören, dass HPs neuer CEO Léo Apotheker eine Cloud-Infrastruktur ermöglichen will, die nahtlose Übergänge zwischen Rechenzentrum, Netzwerk und mobilen Endgeräten erlaubt; die in jeder Hinsicht sicher ist; und die kontext-sensitiv ist. Dies werde durch Palms WebOS ermöglicht, versprach der Mann, der bei SAP als CEO geschasst wurde.
Zudem hinkt HPs eigene Rechenflunder mit Namen TouchPad (verfügbar ab 19.6.) den anderen Anbietern ein wenig hinterher, und Intels am 31. Mai angekündigtes UltraBook soll wohl Apples MacBook Air das Wasser abgraben. Beide Projekte wirken wie Rückzugsgefechte.
Take-aways
Shopbetreiber gehören in der Mehrzahl zu Cloudnutzern. Sie können von HP eine durchgehende konsistente und in mancher Hinsicht sogar marktführende Cloud-Architektur erwarten, die sukzessiv umgesetzt wird. Das Beste, das HP jenseits der Technik vorerst bietet, sind vielleicht seine vielfältigen Services rund um die Cloud: für die Transformation der Alt-IT, für Security, für Communications as a Service, für Finanzhilfe (siehe oben).
Denn bis die Cloud-Wirtschaft hierzulande richtig in die Gänge kommt, ist noch eine Menge Aufklärungs- und Beurteilungsarbeit zu erledigen. Organisationen wie EuroCloud zertifizieren Cloud Service Provider (CSPs) so schnell sie können (rund 50 in 2011).
Die Zukunft, das machte HP klar, liegt im komplexen Zusammenspiel zwischen privater und öffentlicher Cloud. Der Übergang, kontrolliert von der Firewall, wird noch viele Cloud-Nutzer vor knifflige Probleme stellen. Denn schlussendlich zählt eines am höchsten: die Sicherheit der Daten und das Vertrauen der Kunden. Wer dies verspielt, dem ergeht es wie Sony Pictures, der Citigroup, Amazon Web Services und all den anderen Hacking-Opfern: Sie müssen mindestens doppelt so viele Dollars in die Rückgewinnung der verlorenen Kunden investieren wie in die Neukundenwerbung.
P.S.
Paul McCartneys Privatkonzert am 9. Juni konnte ich dann nicht mehr mitnehmen. Schade, denn der Ex-Beatle ist inzwischen einer von HPs besten Kunden, seit HP seine “Instant-On Library” aufgebaut hat. Wahrscheinlich baut er inzwischen ebenfalls Türme, und nicht nur virtuelle.
Was meinen Sie zum HP und Cloud-Wirtschaft? Ich freue mich auf Ihre Zuschriften.
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Michael Matzer, editor Germany