Achim Karpf, Inhaber der Agentur Netpress
Ich sprach mit dem Unternehmensberater Achim Karpf, dem Inhaber der Agentur NetPress, über Content Marketing, den neuen Trend des Online-Marketings.
Internet Retailing: Was versteht man unter Content Marketing und zu welchem Zweck können Etailer es einsetzen? Warum sollte sich ein Etailer für dieses neue Werkzeug interessieren?
Achim Karpf: Content Marketing bedeutet, das im Unternehmen liegende Wissen über die eigenen Produkte aktiv für den Vertrieb zu nutzen. Das lässt sich erreichen, indem die Unternehmen den Interessenten themen- und lösungsbezogene Inhalte zur Verfügung stellen. Viele Unternehmen sprechen über die Vorzüge ihrer Produkte, ohne darüber zu informieren, was es den Kunden nützt. Sie wissen meist gar nicht, was Interessenten und Kunden für Bedürfnisse haben.
Es ist doch für eine Kaufentscheidung von Bedeutung, wie das Produkt oder die Dienstleistung die ganz besondere Herausforderung des Kaufinteressenten lösen kann. Listen mit technischen Details reichen als Argumente einfach nicht. Kurz gesagt bedeutet Content Marketing: Interessenten verstehen, mit Lösungen auf sie zugehen, Werbebotschaften vermeiden.
Internet Retailing: Ist Social Media Marketing ein Teilgebiet von Content Marketing, so dass ein Etailer seine Reichweite und Wahrnehmung ausdehnen kann?
Der Einsatz von Social Media ist einer der Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Content Marketing. Neben Reichweite und Wahrnehmung zählt die Interaktion. Es nützt nichts, wenn ein Unternehmen seine Zielgruppe erreicht, von ihr wahrgenommen wird und der Prozess dann endet. Sie werden ihren Traumpartner vergeblich suchen, wenn sie ihn erreicht haben und von ihm wahrgenommen werden – für ein Date müssen sie ihn schon ansprechen.
Internet Retailing: Welche Rolle spielt dabei Search Engine Optimization? Wie reagiert das Google-Ranking eines Etailers auf Content-Marketing-Maßnahmen?
SEO und Content Marketing befruchten sich gegenseitig. Die Verlinkungen und Klicks durch das Content Marketing sind mit Grund dafür, diese Form des Marketing überhaupt zu betreiben. Die weiteren Teilgebiete von SEO wie zum Beispiel das Optimieren des eigenen Webauftritts unterstützen wiederum das Auffinden des Contents durch die Suchmaschinen.
Internet Retailing: Content Marketing dient der Leadgenerierung. Leads lohnen sich aber erst, wenn man daraus auch Kunden und Abnehmer machen kann. Mit welchen Konversionsraten können Etailer rechnen und wovon sind diese Raten abhängig?
Das ist pauschal nicht leicht zu beantworten. Wie in jeder Branche spielen die Faktoren Produkt, Zielgruppen und damit Märkte eine wichtige Rolle. Ein weiterer Punkt, der die Ausbeute beeinflusst, ist das „Lead Nurturing“: Ein Interessent wird vielleicht nicht beim ersten Mal zum Kunden, wenn er durch Content Marketing zur Verfügung gestellte Inhalte konsumiert. In diesem Fall kommt es auch auf das Geschick des Unternehmens an, dieses erste Interesse mit detaillierteren Informationen auszubauen und weiter zu vertiefen – ohne aufdringlich oder werblich zu sein. Die ehrlich gemeinte Information zählt.
Internet Retailing: Gibt es mögliche Synergien mit anderen Formen des Marketings, z.B. Email-Marketing?
Eine Reihe von Synergien ist möglich, E-Mail-Marketing kann dazu gehören. Dennoch sollten sich Unternehmen der Tatsache bewusst sein, dass Content Marketing häufig bedeutet, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen und immer wieder Feinjustierungen vorzunehmen.
Internet Retailing: Was müsste ein Etailer einsetzen, um erfolgreich Content Marketing betreiben zu können? Insbesondere, wenn es sich um einen Mittelständler handelt?
Die Prozesse im Content Marketing
Gutes Content Marketing ist nicht unbedingt aufwändig. Ein Whitepaper kann als Basis für einen erfolgreichen Start genügen, wenn es entsprechend platziert wird und das Unternehmen oder sein Dienstleister im Anschluss die Reaktionen überwachen und die anfallende Kommunikation führen. Das bringt mich zum Monitoring, also dem regelmäßigen Überprüfen der relevanten Kommunikationskanäle – ein wirklich wichtiger Teil des Content Marketing, den Unternehmen leider zu oft vernachlässigen; dabei wäre es häufig ganz einfach, ein Problem zu lösen, wenn man nur zuhört.
Internet Retailing: Gibt es bereits ein Bewusstsein und erste Projekte für Content Marketing?
Das Bewusstsein dafür steigt fraglos. Ein gutes Beispiel dafür ist einer der größten Elektromärkte in Deutschland und Europa, der in den nächsten Monaten eine interne, europaweit agierende, Redaktion aufbauen wird, um die benötigten hochwertigen Inhalte zu erstellen. Hierfür wurde auch Chefredakteur eines führenden IT-Magazins verpflichtet. Das Unternehmen hatte zuvor festgestellt, dass seine Wahrnehmung im Bereich Kompetenz und Wissenstransfer nicht optimal ist; Marktbegleiter erzielen außerdem über Social Media und Content Marketing bereits signifikante Umsätze. Natürlich kann ein kleiner Etailer und Online-Händler keine eigene Redaktion aufbauen, doch hier können Dienstleister wie NetPress oder GlobalCom die Inhalte erstellen und sich um deren erfolgreiche Verbreitung kümmern.
Internet Retailing: Welche Erfolgsbeispiele können Sie nennen, bes. im deutschsprachigen Raum?
Ein Beispiel der besonderen Art ist der Mixer-Hersteller Blendtec. Das Unternehmen hat mit einem Video – Produktionskosten 800 Euro – namens „Will it blend? / Kann man es mixen?“ auf YouTube eine Lawine losgetreten, die es zur Nummer eins im US-Markt machte und Umsatzsteigerungen von mehreren Hundert Prozent gebracht hat.
Dell hat immerhin 2,5 Millionen Umsatz über seinen Twitter Account generiert; der TÜV Rheinland konnte den Traffic auf seiner Webseite um 100% steigern. Viele kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland beschäftigen sich bereits mit dem Thema und erzielen damit beachtliche Erfolge. Im Fachhandelsumfeld ist das Thema bisher nicht optimal besetzt. Gerade hier können sich Händler über Content differenzieren, Kompetenz beweisen und Kunden gewinnen.
Internet Retailing: Wagen wir einen Ausblick: Wie wird sich Content Marketing weiterentwickeln? Mit welchen Steigerungsraten dürfen wir rechnen?
Steigerungsraten sind schwer zu beziffern, dafür ist das Umfeld inklusive Social Media schlicht zu dynamisch. Denken Sie an den mobilen Webzugang: Das Handy-Betriebssystem Android kam im Februar 2009 auf den Markt, heute hat der Webstore 200.000 Apps; der Apple App-Store weist fünf Millionen Downloads auf usw. Aber generell erwarte ich eine weitere Zunahme von Content-Marketing-Maßnahmen.
Quellen:
Whitepaper, Die Macht des Content Marketing
Veröffentlichung, Social Media goes Content Marketing
Allgemeine Informationen zu Content Marketing
